Mittwoch, 5. Oktober 2005

Als Mark Hollis tot war

Mitte der 90er Jahre. Zwei meiner Lieblingsalben heißen Spirit Of Eden und The Laughing Stock von Talk Talk. Viel zu spät habe ich die englische Band für mich entdeckt. Mein damaliger Mitbewohner macht mich auf sie aufmerksam, zeigt mir, dass es einen ganzen Kosmos neben Such a Shame und It’s my life gibt.
Ich verliebe mich in das melancholische Spätwerk und wünsche mir, dass die Reise weitergeht. Doch Mark Hollis, der Sänger von Talk Talk, ist tot. Gestorben an einer Überdosis Heroin. Das erzählt mir ein Freund, der eine Reportage über einen Künstler gesehen hat, der nur Portraits von toten Rockstars malt. Und ein Portrait, da war sich mein Freund sicher, zeigte Mark Hollis.
Ich nehme es hin. Nein, es wundert mich nicht einmal. Denn Spirit Of Eden und The Laughing Stock klingen nach Abschied, klingen nach der verzweifelten Suche nach einem Ort, der nicht nur mit Enttäuschungen aufwartet. Ich wünsche Mark Hollis, dass er diesen Ort gefunden hat und höre die beiden Alben noch ein bisschen intensiver.
Vier Jahre lang, bis zum Herbst des Jahres 1998, lebe ich im festen Glauben, Mark Hollis sei tot. Dann lese ich in einer Musikzeitschrift, dass er demnächst sein erstes Solo-Album veröffentlicht. Es soll an einem Montag erscheinen. Drei Tage vorher, an einem Freitag, gehe ich zu Michelle Records und frage, ob das neue Mark Hollis-Album eventuell schon hinten im Lager liegt. Ich kann den Verkäufer davon überzeugen, dass es von ungeheurer Wichtigkeit für mich ist, das Werk schon vor der eigentlichen Veröffentlichung zu besitzen. Er verkauft mir ein Exemplar.
Ich fahre mit der U-Bahn nach Hause, lege die CD ein, setzte mich auf mein Bett und warte, was passiert. 19 Sekunden lang passiert nichts. Nur Rauschen. Dann Klavier. Dann diese Stimme, diese unvergleichliche Stimme. Die ersten Zeilen von The colour of spring. Mark Hollis singt: »Forget our fate, the pedlar sings, set up to sell my soul, I’ve lived a life for wealth to bring.« Ich weine. Das war nicht beabsichtigt. Es überkommt mich einfach. Ich habe einen tot geglaubten Freund wieder gefunden. Und einen neuen Song für die Ewigkeit.

Mehr über Talk Talk und Mark Hollis hier.

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Maldoror - 5. Okt, 23:08

It's about time...

Irgendwie komisch, dass ich zu dem Talk Talk-Universum erst spät und nur aus Image-Gründen gefunden habe. Ehrlich gesagt kenne ich noch immer keins ihrer Alben, bis auf das, was Mark Hollis solo 1998 herausbrachte. Damals bin ich einer Rezension gefolgt, die genauso gut und zutreffend war, wie die, die mich 3 Jahre vorher zu Scott Walkers Tilt geführt hat. Ein ausgesprochen sperriges Werk allerdings, ganz im Gegensatz zu Mark Hollis Album.
Coheed sei gepriesen für die freundliche Erinnerung!Mark Hollis ist auf dem Weg in meine MP3-A-Rotation.

Peter Parsley - 5. Okt, 23:54

Mr. Parsley wurde ebenfalls durch seinen Mitbewohner auf Talk Talk angef aufmerksam gemacht. Damals haben die Herren in Studentenzimmern in Bielefeld zu Renée die Kissen vollgeweint. Die beiden letzten Werke waren neben der musikalischen Größe (Großheit geradezu) überzeugende Gesten der »Sch...-auf-die-Top-Ten-wir-machen-jetzt-was-wir-schon-immer-machen-wollten«-Haltung.
PS. What about ÖRang? Ich habe mir aus gegebenem Anlass mal gerade die »Spoor» EP von 94 aufgelegt: Schwierig. Da waren bestimmt merkwürdige Hirnsubstanzen bei der Produktion beteiligt.
PPS. Hat der Song »Colour of Spring« etwas mit dem gleichnamigen Talk-Talk Album zu tun?

Coheed - 6. Okt, 17:35

Colour of Spring

Ja, es gibt das gleichnamige Talk Talk-Album (übrigens mit dem reizenden Lied »Happiness is easy»). Aber ich weiß nichts von Zusammenhängen! Anyone?

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