Als Mark Hollis tot war

Mitte der 90er Jahre. Zwei meiner Lieblingsalben heißen Spirit Of Eden und The Laughing Stock von Talk Talk. Viel zu spät habe ich die englische Band für mich entdeckt. Mein damaliger Mitbewohner macht mich auf sie aufmerksam, zeigt mir, dass es einen ganzen Kosmos neben Such a Shame und It’s my life gibt.
Ich verliebe mich in das melancholische Spätwerk und wünsche mir, dass die Reise weitergeht. Doch Mark Hollis, der Sänger von Talk Talk, ist tot. Gestorben an einer Überdosis Heroin. Das erzählt mir ein Freund, der eine Reportage über einen Künstler gesehen hat, der nur Portraits von toten Rockstars malt. Und ein Portrait, da war sich mein Freund sicher, zeigte Mark Hollis.
Ich nehme es hin. Nein, es wundert mich nicht einmal. Denn Spirit Of Eden und The Laughing Stock klingen nach Abschied, klingen nach der verzweifelten Suche nach einem Ort, der nicht nur mit Enttäuschungen aufwartet. Ich wünsche Mark Hollis, dass er diesen Ort gefunden hat und höre die beiden Alben noch ein bisschen intensiver.
Vier Jahre lang, bis zum Herbst des Jahres 1998, lebe ich im festen Glauben, Mark Hollis sei tot. Dann lese ich in einer Musikzeitschrift, dass er demnächst sein erstes Solo-Album veröffentlicht. Es soll an einem Montag erscheinen. Drei Tage vorher, an einem Freitag, gehe ich zu Michelle Records und frage, ob das neue Mark Hollis-Album eventuell schon hinten im Lager liegt. Ich kann den Verkäufer davon überzeugen, dass es von ungeheurer Wichtigkeit für mich ist, das Werk schon vor der eigentlichen Veröffentlichung zu besitzen. Er verkauft mir ein Exemplar.
Ich fahre mit der U-Bahn nach Hause, lege die CD ein, setzte mich auf mein Bett und warte, was passiert. 19 Sekunden lang passiert nichts. Nur Rauschen. Dann Klavier. Dann diese Stimme, diese unvergleichliche Stimme. Die ersten Zeilen von The colour of spring. Mark Hollis singt: »Forget our fate, the pedlar sings, set up to sell my soul, I’ve lived a life for wealth to bring.« Ich weine. Das war nicht beabsichtigt. Es überkommt mich einfach. Ich habe einen tot geglaubten Freund wieder gefunden. Und einen neuen Song für die Ewigkeit.

Mehr über Talk Talk und Mark Hollis hier.

Achso!

ostsee
Na, wer hätte das gedacht.

Musik für heute nachmittag

plush
Ein sonniger Herbsttag. Ein sonniger Nachmittagsspaziergang. Höre diese Musik und wie das Laub zwischen deinen Füßen raschelt. Die Augen blinzeln, während sie den Spinnen beim Bau der letzten in der Sonne funkelnden Netze des Jahres zuschauen.

Plat du Jour

Frisch serviert von dreifach geschmortem Hirn in gehobelter Popkultur mit einer Petit-Prise Selbstüberschätzung.

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Zuletzt aktualisiert: 17. Feb, 17:03

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